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Prinzipien für den Alltag – Mit innerer Klarheit durch den Tag

  • Samuel Tanner
  • 27. Juli
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Juli

Wie lassen sich die Prinzipien aus Yiquan und Taijiquan im Alltag umsetzen – sei es im Büro, beim Zähneputzen oder im Umgang mit schwierigen Situationen? Hier findest du konkrete Impulse für mehr Ruhe, Aufrichtung und Flexibilität im täglichen Leben.


Das Leben als Übungsfeld


Die Übungen hören nicht auf, wenn man den Trainingsraum verlässt – im Gegenteil: Der Alltag ist der eigentliche Prüfstein. Ob im Gespräch, beim Tragen schwerer Taschen oder im Umgang mit Stress – es geht darum, präsent zu bleiben und bewusst zu handeln. Ein chiesisches Sprichwort bringt es auf den Punkt:

„Ruhe beim Üben – übe beim Ruhen.“

Wir üben nicht nur für den Alltag – wir üben im Alltag.


Entspannt – aber nicht schlaff


Dieses Prinzip gilt körperlich wie geistig: Wir suchen nicht völlige Passivität, sondern eine lebendige, durchlässige Qualität. Es geht darum, genau so viel Spannung zu nutzen wie nötig – und nicht mehr. Ein typisches Alltagsbeispiel: Du willst eine Tür öffnen und prallst fast dagegen, weil sie abgeschlossen ist. Das zeigt, wie oft wir zu viel Kraft einsetzen – mit den Muskeln, aber auch in Gesprächen oder Entscheidungen. Sich entspannen heisst nicht komplett nachgeben, sondern unnötige Spannung loslassen.


Entspannung beginnt im Kopf


Was oft unterschätzt wird: Der Körper kann nur loslassen, wenn auch der Geist entspannt ist. Verspannungen entstehen nicht nur durch schlechte Haltung, sondern oft durch mentale Anspannung. Unser zentrales Nervensystem (ZNS) reagiert auf Druck, Sorgen oder Reizüberflutung mit Aktivierung – es sendet Spannungsimpulse an unsere Muskulatur, selbst wenn wir das gar nicht wollen. Deshalb heisst es im Yiquan: „Die Entspannung ist in erster Linie eine Entspannung des Geistes.“ Durch die Schulung des Yi (der bewussten Vorstellung) entsteht ein innerer Raum, in dem sich auch der Körper zu lösen beginnt. Oder anders gesagt: Wenn die Gedanken ruhiger werden, kann der Körper folgen.


Kleine Übungen im Alltag


Es braucht keine zusätzlichen Zeitfenster. Der Alltag selbst bietet ideale Übungsgelegenheiten – sanft, beiläufig, aber wirksam:

  • Zähneputzen auf einem Bein – trainiert Gleichgewicht und Körpergefühl.

  • Beim Stehen oder Gehen Haltung spüren – wo sitzt Spannung? Kann ich sie loslassen?

  • In stressigen Situationen den Atem nicht anhalten. Bewusst atmen – ohne Technik, einfach spüren.

  • Treppe statt Lift – die Beine können nicht genug trainiert sein. In China sagt man, dass der Mensch von den Beinen her altert.


Aufrichtung – äusserlich und innerlich


Aufgerichtet stehen oder gehen bedeutet mehr als gute Haltung. Es ist eine innere Ausrichtung – auf Klarheit, Präsenz, Wachheit. Ob beim Tragen eines Koffers oder im Bürogespräch: Wer sich innerlich aufrichtet, wirkt anders – ruhiger, präsenter, klarer. Die Yiquan-Praxis nennt das „Stehen wie ein Baum“: geerdet, offen, durchlässig. Eine aufgerichtete Haltung verändert nicht nur die Wirbelsäule – sondern auch das Denken.


Yin und Yang im Alltag

Yin und Yang sind keine Gegensätze, sondern ergänzen sich, bzw. wandeln sich ineinander um. Das bedeutet für den Alltag zum Beispiel:

  • Auf Druck von aussen nicht nur mit starken Gegendruck (nur Yang) reagieren – sondern auch Raum geben (Yin).

  • Nicht passiv abwarten (nur Yin) – sondern mit Klarheit handeln (Yang).

  • Nicht gegen alles Neue sein – aber auch nicht alles mitmachen.

  • Akzeptieren, dass sich alles mit dem Lauf der Dinge ändert.

Balance ist kein starrer Zustand, sondern ein lebendiger Ausgleich.


Innere Stärke – ruhig und klar

Sich sicher fühlen bedeutet nicht, keine Angst zu haben – sondern, trotz Unsicherheit klar zu bleiben. Wir wissen: Angst blockiert. Doch eine innere Haltung von Zuversicht, Mut und Bodenhaftung öffnet den Raum für gute Entscheidungen. Wer regelmässig übt, spürt: Der Kopf wird klarer, der Atem ruhiger, das Denken freier. Innere Stärke zeigt sich oft leise – in kleinen, entschiedenen Handlungen.


Wahrnehmen – ohne zu werten


Beobachten ohne sofort zu urteilen – das ist eine Kunst. In der Bewegung ebenso wie im Gespräch. Wer wahrnimmt, statt sofort zu interpretieren, bleibt handlungsfähig.

Zum Beispiel:

  • Dein Kind schreit – kannst du zuerst beobachten und zuhören, ohne sofort zu reagieren?

  • Eine Kollegin spricht gereizt – kannst du spüren, ohne zu werten?

  • Du selbst machst einen Fehler – kannst du ihn einfach sehen, ohne gleich zu urteilen?

Klarheit entsteht nicht durch Analyse – sondern durch Raum.


Stabil und beweglich zugleich


Ein zentrales Prinzip: Stabilität ohne Starrheit, Beweglichkeit ohne Haltlosigkeit. Im Körper heisst das: Fest verwurzelt stehen – aber bereit für jede Richtung, Im Leben bedeutet es:

  • Eine Meinung haben, aber offen für Neues sein.

  • Halt spüren, aber Veränderungen zulassen.

  • Reagieren – aber nicht überreagieren.

Stabilität und Mobilität sind kein Widerspruch – sondern ein dynamisches Gleichgewicht.


Fazit: Prinzipien statt Technik


Was du beim Taiji oder im stillen Stehen übst, wird im Alltag lebendig: als Aufmerksamkeit, als Klarheit, als innere Ruhe. Die Prinzipien sind nicht gebunden an bestimmte Bewegungen – sie wirken in der Art, wie wir leben, entscheiden, sprechen, stehen. „Weniger tun – mehr sein. Weniger kontrollieren – mehr wahrnehmen.“

So wird jeder Tag zum Übungsraum – ganz ohne Extraaufwand, aber mit grossem Effekt.


Möchtest du diese Prinzipien erleben – in einer freundlichen, persönlichen Atmosphäre?

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